Wissenschaftlicher Mitarbeiter am IZWT

Dr. Sören Flachowsky

Wissenschaftlicher Mitarbeiter am IZWT

Forschung

Von der Notgemeinschaft zum Reichsforschungsrat. Wissenschaftspolitik im Kontext von Autarkie, Aufrüstung und Krieg
Im März 1937 wurde der Reichsforschungsrat (RFR) vor dem Hintergrund des nationalsozialistischen Vierjahresplanes gegründet. Genese und Geschichte des Reichsforschungsrates bilden den Gegenstand dieses Bandes. Im Gegensatz zur bisherigen Forschungssicht vertritt er die These, dass dem RFR eine zentrale Rolle bei der Koordination der Rüstungsforschung zukam, er zu den wichtigsten Instanzen der Forschungsförderung im NS-Wissenschaftssystem gehörte und sich in der Endphase des Zweiten Weltkrieges zur bedeutendsten staatlichen Forschungsförderungsorganisation entwickelte. Als wissenschaftspolitische Koordinations- und Verwaltungsinstanz unterstützte der RFR die Expansionspolitik der Nationalsozialisten maßgeblich: Er förderte den Informations- und Erfahrungsaustausch zwischen den an den Ergebnissen der Forschung interessierten Stellen und steuerte die von ihm finanzierte kriegs- und rüstungsrelevante Forschung über alle Fächer hinweg auf breiter Front. Gestützt auf eine breite Quellenbasis wird der RFR nicht nur in den Gesamtkontext der NS-Wissenschaftspolitik, sondern auch in die Entwicklung der deutschen Wissenschaftsorganisation in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts und in die Geschichte der um die Notgemeinschaft beziehungsweise Deutschen Forschungsgemeinschaft gruppierten Forschungsförderung eingeordnet. Vor diesem Hintergrund gelingt es der institutionsgeschichtlich ausgerichteten Studie, die in der Historiographie vorherrschende Auffassung einer weitgehend ineffektiven Wissenschaftspolitik im Nationalsozialismus und einer chaotischen Forschungsorganisation im Krieg zumindest für einige natur- und technikwissenschaftliche Felder zu relativieren. So wird am Beispiel des RFR deutlich, dass es dem NS-Regime über die Etablierung problemorientierter und institutsübergreifend besetzter Arbeitsgemeinschaften gelang, Vertreter aus Wissenschaft, Industrie, Staat und Militär auf der Ebene der Mittelinstanz zusammenzuführen und auf dieser Grundlage einen ressortübergreifenden und kooperativen Erfahrungsaustausch zur Optimierung der Rüstungsforschung zu organisieren.(Das Projekt wurde von der Deutschen Forschungsgemeinschaft gefördert).

Das Reichsamt für Wirtschaftsausbau als Forschungsbehörde im NS-System (Sören Flachowsky)
Der Vierjahresplan von 1936 zielte darauf ab, die deutsche Wirtschaft binnen vier Jahren „kriegsfähig“ zu machen. Ein kleiner Stab aus Luftwaffenoffizieren und Industriellen, der „Rohstoff- und Devisenstab“, bildete die Keimzelle für eine der wichtigsten NS-Wirtschafts- und -Forschungsbehörden: Aus dem 1936 gebildeten „Amt für deutsche Roh- und Werkstoffe“ wurde 1938 zunächst die „Reichsstelle für Wirtschaftsausbau“, die 1939 zum „Reichsamt“ erhoben wurde. Es war verantwortlich u. a. für den Ausbau der Syntheseindustrie, die Mobilisierung heimischer Rohstoffe und die Fabrikation von Ersatzstoffen. Daneben oblag ihm die Koordinierung und Finanzierung der dafür erforderlichen Forschung und Entwicklung. Die Forschungsabteilung des Reichsamts für Wirtschaftsausbau (RWA) verfügte innerhalb der Behörde über die größte Zahl an Amtsgruppen und Referaten und entwickelte sich unter IG-Farbendirektor Carl Krauch zu einer der maßgeblichen forschungsfördernden Einrichtungen des NS-Wissenschafts- und Innovationssystems. Im Zusammenspiel mit den rüstungswirtschaftlichen Stellen (Wehrwirtschafts- und Rüstungsamt/ Rüstungsministerium) wurden die Resultate der Forschung in die Rüstungswirtschaft transferiert. Das Vorhaben soll Genese, Strukturen, Programmatik und Wirkung des RWA auf das NS-Wissenschafts- und Innovationssystem erforschen.(Das Projekt wurde von der Deutschen Forschungsgemeinschaft gefördert).

Die Geschichte der Deutschen Nationalbibliothek in der Zeit des Nationalsozialismus (Sören Flachowsky)
Im Forschungsprojekt geht es um die Geschichte der Deutschen Bücherei in Leipzig in der Zeit des Nationalsozialismus. Im Mittelpunkt steht eine politische Institutionsgeschichte einer der führenden Wissenschaftlichen Bibliotheken Deutschlands unter den Bedingungen der NS-Diktatur. Neben spezifischen Aspekten bibliothekarischer Facharbeit (Erwerbung, Benutzung, Öffentlichkeitsarbeit, Bibliographie und Katalogisierung) geht es auch um die Handlungsmöglichkeiten von Bibliothekaren im Spannungsfeld von universalem Sammelauftrag und totalitärer Schrifttumskontrolle.(Das Projekt wurde von der Deutschen Nationalbibliothek gefördert.)

Die NS-Vergangenheit der BSR bzw. der relevanten Vorgängerorganisationen (Sören Flachowsky)
Im Ergebnis des Forschungsprojekts soll eine Studie über die Geschichte der Berliner Stadtreinigung bzw. ihrer Vorgängerorganisationen in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts entstehen, wobei die Zeit von 1933 bis 1945 im Mittelpunkt der Untersuchung steht. Der Fokus wird sich zunächst neben institutionen- und personengeschichtlichen Fragestellungen auf kommunale und wirtschaftspolitische Aspekte richten. So ist u.a. nach den Auswirkungen der von den Nationalsozialisten implementierten neuen Deutschen Gemeindeordnung vom 30. Januar 1935 zu fragen, welche die Selbstverwaltung der Kommunen aushebelte und dem ‚Führerprinzip‘ unterwarf. Darüber hinaus wird die Geschichte der Berliner Stadtreinigung zwischen 1933 und 1945 auch in die allgemeine NS-Wirtschaftspolitik eingebunden, wobei vor allem der (zweite) Vierjahresplan von 1936 eine zentrale Rolle spielt, da er ‚den Müll‘ zu einem „wertvollen Volksgut“ erhob und ihn zum Gegenstand (Autarkie) wirtschaftlicher Planspiele machte. Neben den Problemen der Beseitigung und Wiederverwertung des Mülls, wird sich die Studie ganz wesentlich mit der organisatorischen und personellen Entwicklung der BEMAG bzw. Städtischen Müllbeseitigungsanstalt befassen, womit gleichzeitig ihre handelnden Akteure in den Blick geraten. Neben den Fragen Verfolgung, Vertreibung, Widerstand und Parteimitgliedschaften, muss sich der Blick auch auf die Vorbereitung des Zweiten Weltkrieges und die damit verbundene Umstellung auf die Kriegswirtschaft richten. Hierbei geht es nicht nur um die bereits erwähnte Einbindung der Müllentsorgung und Wiederaufbereitung in die Zweckrationalität von Autarkiewirtschaft und Vierjahresplan, sondern vor allem darum, in welchem Umfang die Berliner Stadtreinigung in das System des Zwangsarbeiter- bzw. Häftlingseinsatzes eingebunden war. Im letzten Teil der Untersuchung richtet sich der Blick dann auf das Problem der Entnazifizierung, um die Frage nach der Verflechtung der Berliner Stadtreinigung mit dem NS-Regime zu beantworten und mögliche Kontinuitäten und Diskontinuitäten aufzuzeigen.(Das Projekt wurde von der Berliner Stadtreinigung (BSR) gefördert).

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