Neues DFG-Projekt in der Wissenschafts- und Technikgeschichte
Neues DFG-Projekt in der Wissenschafts- und Technikgeschichte
Dissertationsprojekt (betreut von Prof. Dr. Jochen Johrendt/Prof. Dr. Harald Müller)
Die Nichtjudizierbarkeit der prima sedes - Ursprung, Akzeptanz und Umsetzung im Spiegel der Papstwahlen (6.-12. Jahrhundert)
In den letzten Jahrzehnten ist zu beobachten, dass sich vor allem dann die weltweite Aufmerksamkeit nach Rom richtet, wenn die Wahl eines neuen Inhabers der prima sedes, d.h. eines neuen Papstes, ansteht. Mit großer Spannung wartet die ganze Welt auf die endgültige Entscheidung des Konklaves, die traditionsgemäß mit dem Aufsteigen des weißen Rauches signalisiert wird. Dabei spielt mitunter die Faszination für die Person des Papstes eine große Rolle. Für den an der Kanonistik interessierten Papsthistoriker besteht die Faszination des Papsttums jedoch darin, dass ein Papst nach seiner Erhebung nicht mehr judizierbar ist und somit eine Erhöhung erfährt.
Die päpstliche jurisdiktionelle Unantastbarkeit findet in dem seit 1917 offiziell gültigen Rechtssatz "prima sedes a nemine iudicatur" - der erste Stuhl darf von niemandem gerichtet werden - seinen Ausdruck. Doch der Ursprung dieses Grundsatzes liegt in den Symmachianischen Fälschungen, die bereits Anfang des 6. Jahrhunderts entstanden sind. Das Dissertationsprojekt geht der Frage nach, ab welchem Zeitpunkt der Erhebung eines neuen Inhabers der prima sedes dieser den Rechtssatz der Nichtjudizierbarkeit für sich beanspruchen konnte und welche Auswirkungen dies auf die konkrete Gestaltung der Papsterhebung bis hin zur Ausbildung der Zweidrittelmehrheit durch das Dritte Laterankonzil (1179) hatte. Der dafür vorgesehene Untersuchungszeitraum umfasst auf der Ebene des Ursprungs und der Akzeptanz des Rechtssatzes die Zeit von 499 bis 1179, von der römischen Synode 499, auf der eine der ersten Papstwahlordnungen beschlossen wurde, bis zum Dritten Laterankonzil, dessen Resultat der Beschluss der Zweidrittelmehrheit war. Auf der Ebene der Umsetzung sollen die Papstwahlen von 897 bis 1179 untersucht werden, d.h. von der Leichensynode bis zum Dritten Laterankonzil. Im Zentrum dieser drei Untersuchungsebenen stehen folgende Fragestellungen: (1) Konnte ein gewählter Papst bereits nach seiner Wahl Anspruch auf das Recht der Nichtjudizierbarkeit erheben? (2) Galt der Grundsatz der päpstlichen Nichtjudizierbarkeit erst nach der Wahlanzeige an den weltlichen Herrscher? (3) Konnte der neu gewählte Papst erst nach seiner Weihe den Grundsatz der Nichtjudizierbarkeit beanspruchen?