Sofie Auer
Doktorandin in der Mittelalterlichen Geschichte
Forschung
Dissertationsprojekt „Die Urkunden und Briefe der Reformpäpste“
Die Papstbriefe und -urkunden sind zweifelsohne besonders wichtige Quellen für die Geschichte des Papsttums und der römischen Kirche und stehen daher seit jeher im Fokus der Forschung. Neue Ansätze in der Forschung zum Papsttum haben dabei auch zu einem neuen Blick auf die Papsturkunden geführt. Stand in der älteren Forschung trotz der empfängerorientierten Aufarbeitung der Papsturkunden in der Folge der Öffnung der Vatikanischen Archive im Jahre 1881 lange Zeit der päpstliche Wille im Fokus des Interesses, stellte die jüngere Forschung jedoch insbesondere durch eine Untersuchung der Urkundensprache der Privilegien bis 1046 den Empfängereinfluss heraus und machte deutlich, dass es sich bei den Briefen und Urkunden der Päpste vielmehr um das Ergebnis der Interaktion zwischen Aussteller und Empfänger handelt und vor allem im dispositiven Teil der Urkunde ein maßgeblicher Anteil der Formulierungen durch die Empfänger bestimmt wurde.
Mit der papstgeschichtlichen Wende ab der Mitte des 11. Jahrhunderts, in der die Grundlagen für die Umgestaltung der Universalkirche von einer kollegial organisierten Bischofskirche hin zu einer hierarchisch gegliederten Papstkirche gelegt wurden, gingen auch einschneidende Veränderungen in der Schriftlichkeit der Päpste einher, die bereits in der Quantität ersichtlich werden. Unter den Reformpäpsten erhöhte sich die Zahl der ausgestellten Schriftstücke drastisch. Das Legitimationsdefizit dieser Päpste, das sich daraus ergab, dass sie zum einen Fremde – bis auf Gregor VII. war keiner von ihnen Römer – und teils im Grunde unkanonisch erhoben worden waren, führte zudem zu neuen Ausdrucksformen, die sich auch in den inneren und äußeren Merkmalen der Papstbriefe niederschlugen. Beginnend mit der papstgeschichtlichen Wende setzte eine Phase der Veränderungen und des Experimentierens in der Gestaltung päpstlicher Schriftstücke ein, die erst unter Paschalis II. zu einem gewissen Abschluss kam und langsam durch eine Periode der Konsolidierung abgelöst wurde.
Ziel des Projekts ist es, anschließend an die Arbeiten für die Zeit bis 1046 die Papstbriefe der Reformzeit grundlegend zu untersuchen und insbesondere durch den systematischen Vergleich des Formulars Kontinuitäten und Brüche in der Entwicklung der Papstbriefe aufzuzeigen. Mit diesem hilfswissenschaftlichen Ansatz soll auch zu einem besseren Verständnis der Institution des Papsttums und der päpstlichen Schriftproduktion in der Reformzeit (1046-1118) beigetragen werden.